Freitag, 30. Dezember 2011

Der Juchtenkäfer erlangte 2011 erstaunliche Aufmerksamkeit

Juchtenkäfer / Dank an Wikipedia
Ein Käfer aus der Familie der Rosenkäfer (Cetoniinae) wurde 2011 mit erstaunlich viel Aufmerksamkeit bedacht – der Juchtenkäfer (Osmoderme eremita). Er ist auch unter dem Namen Eremit bekannt und wird in der Roten Liste gefährdeter Tiere in Deutschland als stark gefährdet eingestuft. Damit ist nicht nur der Käfer sondern auch sein Lebensraum besonders geschützt. Allein diese Tatsache verhilft einem kleinen Käfer heute noch lange nicht zu besonderer Aufmerksamkeit. Allerdings haben sich die braunen, maximal vier Zentimeter großen Gesellen ausgerechnet einige Bäume im Stuttgarter Schlossgarten ausgesucht. Sie leben dort, wo sich die Stuttgarter reiben, wo ein Projekt in unmittelbarer Nachbarschaft die Stuttgarter Gesellschaft spaltet in Befürworter und Gegner des Großprojektes „Stuttgart 21“. Es geht um einen Tiefbahnhof. 


Natürlich wird durch solch ein Bauvorhaben Einfluss auf das Grundwasser genommen. Natürlich werden durch Veränderungen im Grundwasserhaushalt auch benachbarte Bäume beeinflusst. Und natürlich hätte diese Tatsache bedacht werden müssen. Der BUND wirft dem Eisenbahn-Bundesamt vor, beim Grundwasserkonzept den kleinen Juchtenkäfer sowie Vogel- und Fledermausarten nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Am 16. Dezember 2011 stimmten die Richter vom baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof dem zu. Der Juchtenkäfer verdient vom Gericht unterstützt die Aufmerksamkeit, die er 2011 in der Öffentlichkeit fand. Die Bahn erhielt für ihr Projekt „Stuttgart 21“ im Volksentscheid zwar Rückenwind, dieser wird nun jedoch wieder abgebremst, durch einen kleinen Käfer, der auch noch als Eremit bezeichnet wird. Das Leben ist kurios und unberechenbar. Ein Käfer, auch wenn er auf der Roten Liste steht, wird die Bahn nicht stoppen, aber wer weiß, welche Hürden es noch zu nehmen gilt. Zunächst lohnt es erst mal zu beobachten, wie es nun mit den Wichten in den Bäumen des Stuttgarter Schlossgartens weitergeht.

Der Juchtenkäfer – ein kurzer Steckbrief

Er gehört zu den Mai-, Rosen-, Mist- und Dungkäfern. Bekannte Käfer wie Maikäfer, Mistkäfer und Nashornkäfer sind seine Verwandten. Zum Leben benötigt der Juchtenkäfer faules Holz. Bevorzugt wird solches in Baumhöhlen von etwa 150 bis 200 Jahre alten und entsprechend dicken Bäumen. Die Art des Baumes ist nicht so wichtig, Hauptsache es ist genug Mulm da für die Larven, die sich über drei bis vier Jahre davon ernähren. Nach dem Verpuppen kommt ein Käfer zum Vorschein, der die Baumhöhle nur selten verlässt. Die Männchen sterben nach drei Wochen, den Weibchen bleiben drei Monate. Nur wenn es wirklich warm ist, im Sommer ab etwa 25 Grad Celsius fliegen die Käfer aus, bleiben dann aber in der Nähe ihres Brutbaumes. In einem solchen Baum können mehrere Hundert Tiere leben.

Das Problem des Juchtenkäfers in unserer Landschaft ist der fehlende Lebensraum. Straßenbäume mit Baumhöhlen könnten für den Menschen gefährlich werden. Also weg damit. Vermoderndes Holz in einem aufgeräumten Park? Das passt nicht. Selbst unsere Wälder sind so bewirtschaftete, dass Käferarten, die morsches Holz für ihre Entwicklung brauchen, es schwer haben. Das geht den imposanten Hirschkäfern nicht anders. Auch er gehört zu den stark gefährdeten Arten.
Dem Hirschkäfer soll nun 2012 etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen. Er wurde als der Käfer des Jahres 2012 auserwählt.
Zum Bild: Urheber  Siga auf Wikipedia